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MPU wegen “Verkehrsauffälligkeiten” (Punkte MPU). Worauf kommt es an?

Die Bewertung der entsprechenden Verhaltenskomponenten laufen in der MPU über die Erkenntnis, dass es sich bei den Verkehrsauffälligkeiten nicht um das zentrale Problem handelt, sondern dass die Verkehrsdelikte als Symptom für ein zugrundeliegendes Problem bestehen. Daraus resultiert, dass im Bereich der Verhaltensprognose für Verkehrsauffälligkeiten maßgeblich auf die komplexe Einbettung des auffälligen Verhaltens in ein Gesamtverhaltensrepertoire einzugehen ist. Die differenzierte Bewertung von konkreten Vorsätzen in Verkehrssituationen ist entsprechend nötig, hat aber nicht die zentrale Bedeutung eines spezifischen Beurteilungskriteriums.

Verinnerlichen Sie sich bitte das folgende Denken der Verkehrspsychologen in der MPU:

In der MPU wird ein verkehrspsychologisches Untersuchungsgespräch (Explorationsgespräch) durchgeführt. In diesem Gespräch will der Gutachter ausführliche Informationen von Ihnen zu dem aktenkundigen Delikt /den aktenkundigen Delikten – also dem aktenkundigen Geschehen –, den Hintergründen und Entstehungsbedingungen der Auffälligkeit(en) und zu Überlegungen zur Verhinderung weiterer Regelverstöße.

Viele Autofahrer sehen zum Beispiel eine Geschwindigkeitsüberschreitung mit nur einem Punkt als lächerliche Bagatelle an. Die Lächerlichkeit wird aber dann bei Erreichen von 8 Punkten zu einem handfesten Problem, weil die Führerscheinstelle dann die Fahrerlaubnis entziehen wird. Der springende Punkt ist der, dass derjenige, der 8 Punkte erreicht hat, eine ungewöhnliche Häufung von Verkehrsverstößen aufweist und es ganz offensichtlich mit den Regeln im Straßenverkehr nicht so genau nimmt.

Schlimmer noch. Er nimmt sich selbst das Recht heraus zu entscheiden, welche Regeln er beachtet und welche eben nicht. Die Verkehrspsychologen vermuten sodann, dass ein Mensch, der von Fall zu Fall entscheidet, welche Regel für ihn im konkreten Fall gilt und welche nicht, sehr wahrscheinlich auch bei anderen Gelegenheiten so handeln wird. Das wird in Fachkreisen auch „erhöhtes Autonomiebestreben“ genannt. Ein solcher Mensch lässt sich nicht gerne „reinreden“ und neigt entsprechend dazu seine eigenen Interessen höher zu bewerten als die von Anderen. Genau darin besteht aber das erhebliche Gefahrenpotenzial für die Allgemeinheit im Straßenverkehr.

Der psychologische Gutachter hat hier für die Erstellung seiner Prognose die Aufgabe das problematische Verhalten des MPU-Kandidaten sehr genau nach den Ursachen und den dahinterliegenden Motiven für seine Verstöße zu untersuchen. Man kann ja tatsächlich mit einer gewissen Berechtigung die Frage stellen, wieso sich zum Beispiel der Punktesammler, der schon 6 oder 7 Punkte beisammen hat und der von der Führerscheinstelle auch schriftlich darauf hingewiesen worden ist, sich nicht einfach einmal so lange zurückhält und sich konsequent an Verkehrsregeln hält, bis er wieder einige Punkte abgebaut hat. Eine wirklich nachvollziehbare Antwort ist nicht so offensichtlich und für den Laien nicht ohne weiters zu erklären. In der MPU wird deshalb davon ausgegangen, dass hier anscheinend ein mehr oder weniger schweres Problem bei der Anpassung an Regeln generell besteht.

Der springende Punkt dabei ist:

Handelt es sich um mangelnde Anpassungsbereitschaft (ist es z.B. nur einfach lästig sich strikt an Regeln zu halten) oder ist vielleicht die Fähigkeit, sich anzupassen, bei dieser Person gar nicht ausreichend entwickelt? Das ist ein sehr großer Unterschied, weil es sich im 2. Fall um eine Persönlichkeitsstörung nach psychiatrischen Maßstäben handeln würde und die eine ausführliche Therapie notwendig machen würde.

Eine “Punkte-MPU” ist auf einer Ebene angesiedelt ist, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Viele Menschen denken, dass eine Alkohol-MPU oder eine Drogen-MPU viel schwieriger ist. Dort gebe es ja schließlich die Möglichkeit eine gegebenenfalls erforderliche Abstinenz nachzuweisen. Damit hat man zwar noch lange nicht das positive Gutachten in der Tasche, aber immerhin lässt sich damit schon mal eine rein äußerliche Veränderung demonstrieren. Bei der Punkte-MPU gibt es so etwas aber eben nicht. Dazu kommt noch erschwerend, dass es sich bei der Punkte-MPU immer um klassische Wiederholungstäter handelt, denn sonst wären ja nicht so viele Punkte zusammengekommen. Das Punktesystem ist so aufgebaut, dass es von der Führerscheinstelle immer „Warnschüsse“, wie zum Beispiel der Hinweis auf ein Aufbauseminar, gibt. Es ist im Ergebnis so, dass man schließlich nicht ahnungslos mit einer Punkte-MPU konfrontiert wird. Warum sollte der Psychologe in der MPU einem solchen Menschen nun glauben, dass er in Zukunft plötzlich ein regeltreuer Verkehrsteilnehmer sein wird? Sie erahnen nun, wo hier das Problem für die MPU liegt und welche Bereiche aufzuarbeiten sind.

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